Ermittlungsverfahren, Vorladung oder Durchsuchung wegen Strafvereitelung (§ 258 StGB) oder Parteiverrat (§ 356 StGB) – Hinweise von Fachanwalt für Strafrecht

Strafverfahren gegen Rechtsanwälte wegen Parteiverrat oder Strafvereitelung - Die Verteidigung von Kollegen

Kriminalgericht Berlin-Moabit (Quelle: Privat)

 

 

Der Artikel ist von einem Strafverteidiger und Fachanwalt für Strafrecht verfasst, der häufiger Kollegen wegen der Vorwürfe Parteiverrat oder Strafvereitelung verteidigt.

Der Beitrag äußert sich zu folgenden Fragen:

  1. Risiko strafrechtlicher Ermittlungen gegen Anwälte
  2. Wie sollte man sich als Beschuldigter verhalten?
  3. Zur Beruhigung: Verteidigungschancen bei Vorwurf Strafvereitelung / Parteiverrat
  4. Berücksichtigung der berufsrechtlichen Perspektive bei der Verteidigung
  5. Die Ehre, Kollegen zu verteidigen – Wie können wir helfen?

 

1. Risiko strafrechtlicher Ermittlungen gegen Anwälte

Das Risiko strafrechtlicher Ermittlungen gegen Menschen, die in der Wirtschaftswelt aktiv sind, ist gestiegen. Gleiches gilt für Strafverfahren gegen Kolleginnen und Kollegen aus der Anwaltschaft.

Die angedrohten strafrechtlichen Sanktionen bei Delikten wie Parteiverrat oder Strafvereitelung sind strafrechtlich ernst zu nehmen (vgl. § 258 Abs. 1 StGB und § 356 Abs. 1 StGB oder gar § 356 Abs. 2 StGB als Verbrechenstatbestand). Hinzu kommt, dass eine Verurteilung wegen Strafvereitelung oder Parteiverrats scharfe berufsrechtliche Sanktionen nach sich ziehen kann – bis hin zu einem Ausschluss aus dem Beruf gem. § 114 Abs. 1 Nr. 5 BRAO (s. aber zu den sehr guten Verteidigungschancen unten).

 

2. Wie sollte man sich als Beschuldigter verhalten?

Im Falle einer Durchsuchung sollte man sich kooperativ verhalten und umgehend einen Strafverteidiger kontaktieren. Keinesfalls sollte man sich bereits zu den Vorwürfen äußern.  Kolleginnen und Kollegen verspüren häufig den Impuls, „die Sache rasch zu klären.“ Der Ladung zu einer Beschuldigtenvernehmung sollte ebenfalls nie gefolgt werden. Es ist auch dringend davon abzuraten, sich selbst schriftlich zu äußern.

Ohne Akteneinsicht kennt man die Ermittlungsakte nicht. Etwaige Beweismittel und die Perspektive der Staatsanwaltschaft sind unbekannt. Möglicherweise ergibt sich bereits aus der Akte, welchen Teil einer Strafanzeige die Staatsanwaltschaft verfolgungswürdig und welchen sie als irrelevant wahrnimmt. Nicht selten verschlimmern eigene Stellungnahmen das Problem oder eröffnen gar neue Ermittlungsansätze für Strafverfolgungsbehörden.

Im Rahmen professioneller Verteidigung wird hingegen nach Akteneinsicht eine Stellungnahme durch den Strafverteidiger abgegeben.

 

3. Zur Beruhigung: Verteidigungschancen bei Vorwurf Strafvereitelung / Parteiverrat

Trotz der ernsten möglichen Sanktionen zeigt die Verteidigung von Kolleginnen und Kollegen in der Praxis, dass kein Grund zur Panik besteht.

Die Zahl gerichtlicher Verurteilungen ist auffällig niedrig. Denn die Hürden für eine Verurteilung – bzw. eben bereits für den hinreichenden Tatverdacht bei der Staatsanwaltschaft – sind aufgrund der über die Jahre ergangenen Rechtsprechung hoch. Die Ermittlungsverfahren werden bei professioneller Gegenwehr regelmäßig bereits auf Ebene des Ermittlungsverfahrens wieder eingestellt.

 

a) Strafvereitelung

Verhaltensweisen, welche ggf. der Polizei oder Staatsanwaltschaft auf den ersten Blick als ungehörig erscheinen mögen und darum zu Strafanzeige und Ermittlungsverfahren führen, müssen dies bei genauerer Prüfung nicht sein. Die höchstrichterliche Rechtsprechung respektiert, dass die Arbeit der Strafverteidigung eines gewissen Schutzes bedarf, um sachgerecht durchgeführt werden zu können. Strafverteidiger dürfen in einem Rechtsstaat nicht leichtfertig kriminalisiert werden. Strafvereitelung durch Strafverteidiger wird von der Rechtsprechung daher nur in eher extremen Fällen bejaht (bspw. Einwirken auf Zeugen mittels Zwang oder Drohung, um entlastende Aussagen zu erreichen oder belastende Aussage zu verhindern, vgl. OLG Brandenburg StV 2008, 66, 68; BGHSt 10, 393, 394).

Zudem gelten für die Annahme eines Vereitelungsvorsatzes eines Verteidigers hohe Hürden. Die Rechtsprechung spricht dem Verteidiger „inneren Vorbehalt“ zu. Es werden strenge Anforderungen an das voluntative Element der Vereitelungsabsicht gestellt.

 

b) Parteiverrat

Ähnliche Milde gilt für den Vorwurf des Parteiverrates. Bei diesem Vorwurf kommt hinzu, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen sehr weit – und zugleich recht konturlos sind. Das Risiko einer Strafanzeige und eines Ermittlungsverfahrens erscheint hierdurch als groß. Die Bereitschaft, das Verfahrens wieder einzustellen (§ 170 Abs. 2 StPO bzw. § 153 a StPO), ist nach unserer Erfahrung allerdings ebenfalls deutlich erhöht.

Dreh- und Angelpunkt des strafrechtlichen Parteiverrats ist häufig die Frage, ob die rechtsanwaltlichen Tätigkeiten tatsächlich dieselbe Rechtssache betreffen. Diese komplexe Frage ist durch Bewertung des materiellen Gegenstands der rechtsanwaltlichen Tätigkeit zu lösen und darf gerade nicht unzulänglich simplifiziert werden. Nicht jede Beratung von irgendwann sich gegenüberstehenden „Parteien“ ist Parteiverrat. Dies gilt nur, wenn bzgl. des gleichen Lebenssachverhalts aus zwei Perspektiven interessenwidrig und damit pflichtwidrig gedient wird.

Die rechtliche Würdigung muss zunächst sauber die Sachverhaltselemente, die die dieselbe Rechtssache darstellen könnten, identifizieren. Den Vergleichsmaßstab hat das dem Rechtsanwalt unterbreitete Lebensverhältnis in seinem gesamten Tatsachen- und materiellen Rechtsgehalt zu bilden (BGH, NJW 2008, 2723, 2725; vgl. Rudolphi/Rogall, in: SK-StGB, § 356 Rdnr. 19). Maßgebend ist dabei der sachlich-rechtliche Inhalt der anvertrauten Interessen, also das anvertraute materielle Rechtsverhältnis, das bei natürlicher Betrachtungsweise auf ein innerlich zusammengehöriges, einheitliches Lebensverhältnis zurückzuführen ist (MüKoStGB/Dahs StGB § 356 Rn. 43, BGH v. 26.11.2007 – AnwSt (R) 10/06 – NJW-RR 2008, 795; BGH v. 25.6.2008 – 5 StR 109/07, BGHSt 52, 307 (309)). Entscheidend ist der sachliche Lebensverhalt und die materiellrechtlichen Interessen, wobei ein nur theoretischer, fern liegender Interessengegensatz nicht ausreicht (Fischer, StGB, § 356, Rn. 4).

Parteiidentität allein reicht für ein pflichtwidriges Dienen im Zuge eines Parteiverrates nicht aus. Denn „auch wenn er von zwei Parteien einmal die eine, das andere Mal die andere vertritt, wird ein Anwalt für diese Parteien nicht in derselben Rechtssache tätig, wenn sich die zugrundeliegenden Sachverhalte nicht berühren, so wenn er für X gegen Y einen vertraglichen, für Y gegen X einen damit sachlich nicht im Zusammenhang stehenden deliktischen Anspruch geltend macht (vgl LK-Hübner, 10. Aufl., Rn 125 mit Rechtsprechungsangaben). Ebenso verhält es sich bei rechtlich gleichartigen Ansprüchen, die in verschiedenen Sachverhalten wurzeln. Der Anwalt kann daher etwa den Vermieter gegen einen Mieter und einen anderen Mieter gegen den Vermieter vertreten (Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, Strafgesetzbuch, StGB § 356 Rn. 36).

 

4. Berücksichtigung der berufsrechtlichen Perspektive bei der Verteidigung

Selbst bei eindeutigen und leicht nachzuweisenden Verstößen, ist eine engagierte Verteidigung von Kolleginnen und Kollegen wichtig. Immer wieder übersehen Gerichte bei Verurteilungen von Anwältinnen und Anwälten, dass die strafrechtliche Verurteilung massive Folgen für ihre berufliche Existenz haben kann. Dies hat der BGH schon mehrfach gerügt und entsprechende Verurteilungen aufgehoben.

Besonders bei Strafzumessungsverteidigungen ist dies im Blick zu behalten und intensiv um eine ausreichend milde Sanktion zu kämpfen.

Umgekehrt ist die häufig zu erreichende Einstellung des Strafverfahrens wegweisend für die Nichtverhängung berufsrechtlicher Sanktionen.

 

5. Die Ehre, Kollegen zu verteidigen – Wie können wir helfen?

Die Verteidigung von Kollegen bedeutet eine besondere Verantwortung – schon aufgrund der Bedeutung des Ausgangs des Strafverfahrens für die berufliche Zukunft. Wir empfinden es als besondere Ehre, von Kollegen mit der Verteidigung beauftragt zu werden.

 

In folgenden Situationen können wir helfen:

  • Sie sind als Anwalt auf der Suche nach einem Strafverteidiger / Anwalt für Strafrecht
  • Sie werden beschuldigt, eine Strafvereitelung (§ 258 StGB) oder einen Parteiverrat (§ 356 StGB) begangen zu haben
  • In Ihrer Kanzlei findet eine Durchsuchung wegen § 258 StGB oder § 356 StGB statt
  • Sie haben eine Vorladung als Beschuldigter wegen Strafvereitelung (§ 258 StGB) oder Parteiverrat (§ 356 StGB) von der Polizei oder der Staatsanwaltschaft erhalten
  • Sie haben sonstige Fragen zu Strafvereitelung (§ 258 StGB) oder Parteiverrat (§ 356 StGB)

 

Wir sind Fachanwälte für Strafrecht. Melden Sie sich jederzeit gerne bei uns telefonisch oder via E-Mail.

Von

Dr. Tobias Lubitz

Dr. Tobias Lubitz

Fachanwalt für Strafrecht

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