Durchsuchung und Strafverfahren wegen Vorteilsgewährung/ Bestechung/ Vorteilsannahme/ Bestechlichkeit – Tipps vom Fachanwalt für Strafrecht

 

I. Verteidigung bei Ermittlungsverfahren wegen Korruptionsvorwürfen

Beschuldigte erfahren von Ermittlungsverfahren wegen Vorteilsannahme (§ 331 StGB), Vorteilsgewährung (§ 333 StGB), Bestechlichkeit (§ 332 StGB) oder Bestechung (§ 334 StGB) regelmäßig durch eine Durchsuchung am Wohn- und Arbeitsort. Seltener werden sie über ein Schreiben der Polizei oder Staatsanwaltschaft informiert, dass gegen sie ein Ermittlungsverfahren geführt wird. Sie erhalten dann die Möglichkeit, sich als Beschuldigte zu äußern.

Eine Äußerung gegenüber den Ermittlungsbehörden, gleich, ob im Rahmen der Durchsuchung, bei einer nachfolgenden Beschuldigtenvernehmung oder auf schriftliche Weise, schadet regelmäßig sehr. Ohne rechtliche Expertise und ohne Kenntnis der Ermittlungsakte sind Äußerungen nicht zielführend. Auch ist bei Korruptionsverfahren typisch, dass die Ermittlungsbehörden große Schwierigkeiten haben, Tatnachweise zu ermitteln, bspw. „Vorteile“ aufzufinden oder zuzuordnen, also einen Nachweis für übergebenes Bargeld oder sonstiges aufzufinden. Hier können verfrühte Äußerungen fatal sein. Dies hat auch damit zu tun, dass die Tatbestände bereits zu einem frühen Stadium eines Korruptionssachverhaltes erfüllt sind. Bereits das Anbieten oder Versprechen bzw. spiegelbildlich das Fordern oder Versprechenlassen eines Vorteils erfüllt den jeweiligen Straftatbestand. Sich also einzulassen, dass man zwar Abreden getroffen habe, aber doch am Ende nie Geld geflossen sei, führt nur dazu, dass eine Tat nachgewiesen ist. Es ist zu empfehlen, von dem Schweigerecht Gebrauch zu machen, das beschuldigte Personen haben.

Die Verteidigung gegen Korruptionsvorwürfe sieht sodann vor, dass der Sachverhalt mit dem Mandanten vertraulich besprochen, Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft genommen wird und sodann eine Stellungnahme für den Beschuldigten erfolgt, mit der beispielsweise die Einstellung des Verfahrens beantragt wird. Hierbei kann in Ruhe die beste Verteidigungsstrategie erörtert werden. Häufig ist es dabei auch wichtig, mit den Verteidigern weiterer Beschuldigter im selben Verfahren Kontakt aufzunehmen und zu prüfen, inwieweit eine gemeinsame Verteidigung sinnvoll ist.

 

II. Systematik der Korruptionsdelikte – §§ 331 ff. StGB; §§ 298 ff. StGB u.a.

 

1) Beteiligung von Amtsträgern

Im Verhältnis Bürger-Staat sanktioniert das StGB die Vorteilsgewährung und Vorteilsannahme sowie Bestechung und Bestechlichkeit von Amtsträgern (§§ 331 ff. StGB), wozu auch internationale Amtsträger gehören (§ 335a StGB). Weiterhin ist die Bestechung und Bestechlichkeit von Mandatsträgern nach § 108e StGB strafbewehrt.

Vorteilsannahme (§ 331 StGB) unterscheidet sich von der Bestechlichkeit (§ 332 StGB) dadurch, dass bei der Vorteilsannahme ein Vorteil durch den Amtsträger im Zusammenhang mit der Dienstausübung angenommen oder gefordert (usw.) werden muss. Bei der Bestechlichkeit geschieht das Fordern/Annehmen/Sich-versprechen-lassen hingegen nicht nur irgendwie im Zusammenhang mit der Dienstausübung, sondern für eine konkrete künftige Diensthandlung, durch welche gerade Dienstpflichten verletzt würden. Beispielsweise kann Vorteilsannahme durch die regelmäßige Annahme von Einladungen (sog. „Anfüttern“) vorliegen. Die Bestechung wäre hingegen gegeben, wenn die Einladungen für die künftige Erteilung einer Genehmigung angenommen werden, welche nicht genehmigungsfähig wäre.

Vorteilsannahme und Bestechlichkeit sind dabei spiegelbildlich zu Vorteilsgewährung (§ 333 StGB) und Bestechung (§ 334 StGB). Vorteilsgewährung und Bestechung betreffen als Tatbestände die Personen, welche Amtsträgern Vorteile anbieten, versprechen oder gewähren.

 

2) Freie Wirtschaft – § 299 StGB Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr

Keine Amtsträger sind bei § 299 StGB beteiligt. Im Bereich der Privatwirtschaft wird durch § 299 StGB die Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr sanktioniert. Es geht hier um die unzulässige Einwirkung auf Entscheidungsträger in Unternehmen oder solche, die von Unternehmen beauftragt wurden. Durch die Bestechlichkeit (Fordern, Versprechenlassen oder Annehmen eines Vorteils) oder Bestechung (Anbieten, Versprechen oder Gewähren eines Vorteils) muss entweder eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb oder eine Pflichtverletzung angestrebt werden. Beispielsweise wird eine Person in einem Unternehmen bestochen, ein anderes Unternehmen bei der Auswahl der Dienstleister unzulässig zu bevorzugen. Im Unterschied zur Bestechung von Amtsträgern sind im Zuge von § 299 StGB an sozialadäquate Vorteile etwas weniger strenge Maßstäbe anzulegen (siehe dazu sogleich unten).

 

3) § 298 Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen

Im Rahmen von § 298 StGB werden zudem Absprachen bei Ausschreibungen – d.h. Kartellabsprachen – bestraft. Die Strafnorm des § 298 StGB soll auf einen freien Wettbewerb bei Ausschreibungen hinwirken. Erfasst sind neben öffentlichen auch solche Vergabeverfahren durch Private, die dem öffentlichen Verfahren nahekommen.  Die Strafnorm betrifft sowohl die typischen horizontalen Absprachen – also solche zwischen Bietern – als auch vertikale Absprachen zwischen Bietern und Ausschreibestelle. Verurteilungen nach § 298 StGB sind in der Praxis eher selten, das Strafmaß bei Verurteilungen tendenziell gering.

Für involvierte Unternehmen bestehen indes erhebliche Risiken durch das Ordnungswidrigkeitenrecht. Unternehmen können sich zwar nach dem deutschen Strafrecht bislang nicht strafbar machen. Es besteht aber die Möglichkeit, Unternehmen mit erheblichen Geldbußen zu sanktionieren. Zuständig sind die Kartellbehörden.

 

4) § 299a StGB Bestechlichkeit im Gesundheitswesen

Erst seit 2016 bestehen für das Gesundheitswesen in §§ 299a ff. StGB weitere Strafnormen, die den dortigen Besonderheiten gerecht werden sollen. Tatbestandlich ist nach § 299a StGB bzw. § 299 b StGB Fordern/Versprechenlassen/Annehmen (bzw. spiegelbildlich Anbieten/Versprechen/Gewähren) eines Vorteils als Gegenleistung für die Bevorzugung bei Verordnung/Bezug von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder von Medizinprodukten oder bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial durch Angehörige bestimmter Heilberufe. Die Einbeziehung der riesigen Gesundheitswirtschaft in diesen Bereich des Strafrechts sowie die Spezialisierung auf Seiten der Strafverfolgungsbehörden führt zu einer massiven Ausweitung medizinstrafrechtlicher Fälle (vor allem Abrechnungsbetrug). Die Ermittlungsverfahren gestalten sich regelmäßig komplex und haben typischerweise einen großen Umfang.

 

III. Was ist ein Vorteil im Sinne der Korruptionsvorschriften?

Sämtliche genannte Delikte (mit Ausnahme von § 298 StGB) verlangen, dass sich das Verhalten auf einen Vorteil bezieht. Als Vorteil kommt dabei schlicht jede Besserstellung materieller oder immaterieller Art in Betracht. Regelmäßig in der Praxis geht es um Geldzuwendungen, Einladungen zu Reisen, in Restaurants, Bezahlung für Dienstleistungen, welche faktisch nicht erbracht worden sein sollen, Rabatte, kostenfreie Überlassungen von Leihwägen oder zinslose Darlehen. Auch immaterielle Vorteile wie Auszeichnungen oder Ehrenämter können eine Rolle spielen.

Sozial adäquate Zuwendungen scheiden hingegen aus, sind also gerade nicht von den Straftatbeständen erfasst. Damit gemeint sind geringwertige Zuwendungen, die sich im Rahmen des sozial Üblichen bzw. allgemeiner Höflichkeitsregeln halten, bspw. geringwertige Merchandisingprodukte wie ein Bleistift oder Papierblock mit Firmenaufdruck oder die angebotene Tasse Kaffee.

Eine feste Wertgrenze besteht dabei nicht. Allerdings ist die Rechtsprechung bei Korruptionsdelikten unter Beteiligung eines Amtsträgers strenger: Hier wird bereits als nicht mehr sozialadäquat angesehen, was 10 bis 25 Euro übersteigt. In der Privatwirtschaft werden auch Zuwendungen von maximal 35 bis 40 Euro ggf. noch als sozialadäquat angesehen.

Relevant ist stets die Situation des Schenkens für die Frage der Sozialadäquanz. Ein Weihnachtsgeschenk ist anders zu bewerten als die übergebene Flasche höherwertigen Weins an eine nicht freundschaftlich verbundene Person im Unternehmen, welche gerade über den Einkauf von Dienstleistungen entscheidet. Auch sonst spielt die Position des Beschenkten eine große Rolle.

 

IV. Ablauf eines Strafverfahrens wegen Korruptionsvorwürfen – Verteidigungsstrategien

Die Strafverfahren im Bereich der Korruptionsdelikte dauern verhältnismäßig lang und können sich über Jahre hinziehen. Die Ermittlungsbehörden konzentrieren sich regelmäßig auf die Auswertung von Daten aus PCs und Smartphones, insbesondere um die stattgefundene Kommunikation zwischen den Personen auszuwerten, welche verdächtigt werden. Chats aus WhatsApp, Telegram und Co. sowie E-Mails sind von besonderem Interesse. Ermittelt wird, inwieweit auffällige Geldbewegungen stattfanden und ob nicht anders erklärbare Bargeldbestände oder sonstige Vermögensgegenstände mit einer möglichen Tat im Zusammenhang stehen.

Die Verteidigungschancen sind regelmäßig – wie meist im Wirtschaftsstrafrecht – sehr gut. Ansatzpunkte für die Verteidigung sind bspw. die Nichterweislichkeit einer Unrechtsabrede, die Nichterweislichkeit einer Abrede über einen Vorteil oder die rein private Verbindung ohne Bezug zu Dienstlichem. Daneben bestehen diverse Spezialprobleme, welche rechtlich komplexe Fragen aufwerfen und insoweit Verteidigungschancen bieten (bspw. Sponsoring, Drittmitteleinwerbung, Parteispenden usw.). Ziel ist stets die Vermeidung einer Hauptverhandlung und typischerweise die Einstellung des Verfahrens auf Ebene des Ermittlungsverfahrens.

 

Wir verteidigen seit über zehn Jahren erfolgreich Wirtschaftsstrafrecht und Korruptionsdelikte. In Berlin und bundesweit.

 

Wenden Sie sich in folgenden Situationen jederzeit gerne an uns:

 

– Ermittlungsverfahren gegen Sie wegen Vorteilsgewährung, Bestechung, Vorteilsannahme Bestechlichkeit o.ä.

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Von

Dr. Tobias Lubitz

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