09.07.2024
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Aktuelle Rechtsprechung: OLG Karlsruhe zum Vermögensschaden bei Corona-Schutzimpfungen
Vorwurf der Falschabrechnung in Höhe von 1,2 Mio. € unbegründet. Das OLG Karlsruhe korrigiert die Auffassung der Staatsanwaltschaft, die 37 falsch abgerechnete Corona-Schutzimpfungen zum Anlass nahm, einem Arzt millionenschweren Abrechnungsbetrug vorzuwerfen.
Der Fall:
Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe legte mit ihrer zum Landgericht Karlsruhe – Große Strafkammer – erhobenen Anklage einem Arzt u.a. zur Last, innerhalb eines Jahres insgesamt 37 Corona-Schutzimpfungen abgerechnet, aber tatsächlich nicht erbracht zu haben. Die quartalsweise abgegebenen Abrechnungs-Sammelerklärungen seien deshalb insgesamt falsch, so die Staatsanwaltschaft.
Sie beruft sich dabei auf die Grundsätze zur Schadensbestimmung beim Abrechnungsbetrug anhand der sog. „streng formalen Betrachtungsweise“. Hiernach besteht ein Vermögensschaden bereits dann, wenn der Arzt eine Leistung abrechnet, die aus formalen Gründen nicht abrechenbar ist. In Fällen, in denen ein sog. Qualifikationsmangel vorliegt, kann dies zur Folge haben, dass die gesamte Quartalsabrechnung als Vermögensschaden im Sinne des Betrugstatbestandes anzusehen, weil alle Leistungen nicht abrechenbar sind.
Die Entscheidung:
Die Strafkammer des LG Karlsruhe hat das Verfahren lediglich vor dem Amtsgericht – Schöffengericht – eröffnet und bekommt vom OLG Karlsruhe recht (Beschl. v. 10.4.2024 – 1 Ws 80/24).
Denn: Hinreichender Tatverdacht bestehe nur im Hinblick auf einen Schaden in Höhe von € 804. Der Vermögensschaden der angeklagten Betrugstaten entspreche (nur) dem Betrag, den der Arzt zu Unrecht von der Kassenärztlichen Vereinigung für die in Wahrheit gar nicht erbrachten Schutzimpfungen erhalten habe. Ein Vermögensschaden in Höhe des gesamten Honorars komme nur in Betracht, wenn ein Mangel vorliege, der sämtliche Leistungen betreffe. Wenn aber – wie hier – ordnungsgemäß erbrachte Leistungen zusammen mit „Luftleistungen“ abgerechnet werden, bestehe kein Grund, den Vermögensschaden auf alle Leistungen auszudehnen. Allein der Umstand, so dass OLG Karlsruhe, dass alle Leistungen auf der Grundlage einer Abrechnungs-Sammelerklärung abgerechnet werden, führe nicht gleichsam zu einer „Kontaminierung“ der ordnungsgemäß erbrachten Leistungen.